Die Varroa­WM

Offensichtlich ist der Wunsch nach Einfuhr von diesem Bienenmaterial aus Südfrankreich schon bei dem einen oder anderen Imker geweckt worden. Winterverluste, die derzeit offensichtlich regional (mal wieder) Bedeutung haben, regen zudem die Imker zum Nachdenken über Lösungswege an. Mehrfach haben uns nun ImkerInnen aus verschiedenen Regionen Deutschlands hierzu kontaktiert. Daher nutzen wir unseren Info­Dienst, um uns zu diesem Thema zu äußern 2 :

­Es ist bekannt, dass der größte Teil, der in den letzten Jahren aufgetretenen (Herbst + Winter) Verluste von Bienenvölkern, unmittelbar oder mittelbar der Varroose und ihrer unzureichenden Bekämpfung zuzuschreiben ist. In dieser Situation ist die Suche nach allen möglichen Auswegen aus der Miesere erst einmal nachvollziehbar. ­

Es ist richtig, dass Projekte in verschiedenen Teilen der Welt zeigen konnten, dass die Zucht toleranter Bienen möglich ist. Zudem gibt es immer wieder Berichte von Bienenvölkern, die ohne Varroazid­Behandlung über längere Zeit überleben können. Grundsätzlich unterscheidet sich aber die jeweilige Definition, was “Varroa­ Resistenz„ bzw. auch “Varroa­Toleranz„ bedeutet. Oftmals überwiegt bei vielen ImkerInnen der Wunsch nach einer Bienenhaltung, die gänzlich ohne jeden Varroazideinsatz auskommt. Das weckt auch die Erwartung, dass mit dem Erwerb des gepriesenen, vermeintlich Varroa ­resistenten Bienenmaterials sich jegliche Varroa­Bekämpfung erübrigen würde. Das wird aber bei allem bislang vermeintlich Varroa­resistenten Bienenmaterial nicht erfüllt. Letztlich gehen alle Bienenvölker unter hiesigen Bedingungen ohne imkerliche Hilfe nach wenigen Jahren an der Varroose ein.

­Es ist fahrlässig und garantiert nicht zielführend vermeintlich Varroa­resistentes Bienenmaterial aus anderen Ländern nach Deutschland einführen zu wollen. Dieses Material besitzt ganz unabhängig von der Frage, ob es tatsächlich resistent/tolerant ist, immer das Risiko den hiesigen klimatischen Bedingung nicht angepasst zu sein. Dieses Bienenmaterial erfüllt auch nicht die übrigen wesentlichen Ansprüche an zeitgemäßes Imkern. Hier ist insbesondere die Frage der Friedfertigkeit oder auch Sanftmut zu berücksichtigen, die bei nachbarschaftlichem Streit große Relevanz hat. Temperamentvolle oder auch aggressive Bienen passen eben nicht mehr in das heutige Bild der Imkerei in Deutschland. Wir wollen vor solchen Importen warnen. Das gilt auch für das Bienenmaterial von JOHN KEFUSS.

 

­Es macht bekanntlich keinen Sinn mit einer begrenzten Völkerzahl selber selektieren zu wollen. Züchterisch interessierte ImkerInnen sollten den Kontakt zur AG­Toleranzzucht 3 suchen, oder sich anderen züchterisch aktiven Verbänden anschließen. Die Bemühungen um eine Varroa­tolerante Biene und deren Zucht kann nur als langfristiger Lösungsansatz verstanden werden. Dieser Weg bedarf einer grundsätzlich breit angelegten genetischen Basis und damit Zugriff auf viele verschiedene Völker. Ohne intensive wissenschaftliche Betreuung sind quantifizierbare Fortschritte nicht zu erreichen.

 

­ Als kurzfristige Lösung sehen wir nach wie vor Potential in der Intensivierung der Umsetzung der bereits aktuell an den deutschen Bieneninstituten in Test befindlichen Varroabekämpfungskonzepten in der imkerlichen Praxis. Insgesamt sollte die Varroa als selbstverständlicher Teil der heutigen Imkerei, wie auch z.B. die Schwarm­ verhinderung, angesehen werden. NeuimkerInnen sagen sogar “wir halten Bienen und Milben„. Die Implementierung optimierter imkerlicher Betriebsweisen mit integrierten Behandlungskonzepten ist in der imkerliche Praxis zu forcieren. Eine verlässliche imkerliche Betriebsweise mit integrierter Varroa­Bekämpfung nach dem Motto “das Bienenvolk bewusst durch das Jahr führen ist immer besser und im Ergebnis erfolgreicher als vom Bienenvolk geführt zu werden„, macht auch letztlich mehr Spaß.
Mit den besten Grüßen

i.A.
Dr. Otto Boecking
Dr. Werner von der Ohe

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Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Institut für Bienenkunde Celle ­ Sekretariat
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05141­90503­40 (Telefon)
05141­90503­44 (Fax)
kathrin.halanke@laves.niedersachsen.de
www.laves.niedersachsen.de

 

1) Siehe: DEUTSCHES BIENEN­JOURNAL 1/2011 Seite 12 f.
bzw. http://www.bienenjournal.de/?redid=211592
2) Dies ist mit Herrn Dr. Ralph Büchler, dem Leiter des Bieneninstitutes in Kirchhain, dem
Kooperationspartner des Celler Bieneninstitutes, abgesprochen. Dr. Büchler hat sich bekanntlich
schon seit vielen Jahren in Deutschland intensiv für die züchterische Bearbeitung hiesigen
Bienenmaterials eingesetzt und ist einer der Initiatoren der AG­Toleranzzucht. Im Deutschen Bienen­
Journal 1/2011 Seite 14 hat er sich zur Arbeit von John Kefuss und dessen Bienen geäußert.
3) Siehe: http://www.toleranzzucht.de/